Die Wälder an der Westküste Kanadas sind ein Spektakel für sich. Brauner, schwerer Waldboden, grünes, triefendes Blattwerk und steile Hänge prägen den sogenannten „Northshore“, mühsames Vorankommen und wilde Natur bedienen Abenteurer und Naturliebhaber. Kurz: es ist das perfekte Geläuf für mich. Und natürlich lasse ich mich als arrivierter Spion nicht lumpen und habe mich landestypisch in ein echtes Grizzlyfell gehüllt. Diese Tarnung schien so lange perfekt zu sein, solange ich nur Hasen, Elchen oder Vögeln begegnet bin. Doch seit circa zwei Stunden verfolgt mich ein ziemlich aufdringlicher männlicher Grizzly. Der gab mir unmissverständlich zu verstehen, dass er einem Schäferstündchen nicht abgeneigt sei und dass mir der Verkäufer des Bettvorlegers wohl im wahrsten Sinne des Wortes einen Bären aufband, als er felsenfest behauptete, ich würde das Fell eines männlichen Bären erstehen.
Sei es wie es sei, durch geschickte Täuschungsmanöver ist es mir bisher gelungen, mir den paarungswilligen Burschen vom Hals zu halten und mich zudem einem meiner heutigen Ziele zu nähern: dem Hauptsitz der Kultschmiede Rocky Mountain Bicycles.
Ich befinde mich in North Vancouver, und inzwischen habe ich die Vorstadt mit seinem Industriegebiet erreicht. Obwohl Rocky Mountain Bicycles erst vor einigen Wochen hierher gezogen ist, finde ich das Rocky Headquarter an der East Keith Road schnell. Auf leisen Bärentatzen schleiche ich mich durch eine nur angelehnte Tür ins Gebäude. Doch plötzlich geht alles ganz schnell, ich werde gepackt, und mit einem kurzen Ruck und dem Ausruf „Gotcha!“ meines tarnenden Bärenfells entledigt. Es ist Dirk Janz, der mich erwischt hat, seit 1988 ist er Geschäftsführer bei Bike Action, dem deutschen Vertrieb von Rocky Mountain Bicycles - für mich genau der richtige Mann, um ein paar geheime Infos einzuholen. Die Geschichte von Rocky Mountain geht bis ins Jahr 1978 zurück. Im Keller eines Bikeshops in Vancouver modifizieren zwei Männer Nishiki Rennräder, indem sie die Bikes mit breiten Reifen, geraden Lenkern und 5-Gang Nabenschaltungen ausstatten. So sollen sie für das schwierige Gelände der kanadischen Westküste tauglich gemacht werden. 1981 wird die Firma Rocky Mountain Bicycles Ltd offiziell gegründet, ihr Präsident ist Grayson Bain. Bereits ein Jahr später, 1982, lanciert die Firma ihr erstes eigenes Mountainbike, das „Sherpa“. Der Rahmen stammt von niemand geringerem als Tom Ritchey, heute wie damals Rahmenbauexperte und eine echte Koryphäe. Bekanntermaßen wurde das Mountainbiken in Kalifornien geboren, doch die Kanadier haben den Sport so früh und konsequent voran getrieben, dass der Einfluss des Northshore unbestritten ist. Rocky Mountain ist das Epizentrum dieser Bewegung, es ist die erste kanadische Mountainbikefirma überhaupt und steht seit jeher für High End Mountainbikes und Topperformance. Ich schlendre mit Dirk Janz durch das Entwicklungsbüro. Ingenieure beugen sich über Zeichnungen, klicken in CAD Animationen herum. |
„Wenn Rocky Mountain Bikes entwickeln orientiert sich das sehr stark daran, wie man hier Fahrrad fährt“, verrät mir Dirk, als er meinen umherschweifenden Blick registriert. „Die Gegend ist anspruchsvoll, man braucht ein robustes und haltbares Bike, das zuverlässig und über viele Jahre funktioniert, sonst kann man hier in den Wäldern ganz schnell ein Problem bekommen. Die Geometrie, die Federung sind auf das schwierige Gelände ausgelegt, die Bikes sind so konzipiert, dass sie harten Bedingungen stand halten. Es ist hier oft matschig, felsig und meistens auch recht steil. Wir denken, wenn unsere Bikes hier einen guten Job erledigen werden sie das überall woanders ebenso tun. Der Northshore ist mit seinen superradikalen Trails das ideale Testgelände.“
Es ist nicht nur die lange Geschichte von Rocky Mountain Bicycles, die hohe Qualität der Räder und der Geschmack Kanadas, der den Mythos der Marke begründet - Rocky hat seine ganz eigene Bikekultur geschaffen, die Art, wie man Mountainbike fährt, verändert. Die anspruchsvoll zu fahrenden Wälder rund um Vancouver erfordern hohes Fahrkönnen, der Freeride-Gedanke wird hier geboren. „Ende der 1990er Jahre hat Rocky die Frorider gegründet, eine Gruppe von Freeridern, die Maßstäbe gesetzt hat,“ erzählt Dirk, während wir weiter laufen, „Die Frorider haben in Contests abgeräumt, waren Hauptdarsteller in vielen Bikevideos und Vorbilder einer ganzen Freeridegeneration. Wade Simmons ist schon bei uns, seit er professionell Sport betreibt, seit 16 oder 17 Jahren“, fährt Dirk fort, „Es geht uns ja darum, eine Idee zu leben und unsere Vorstellungen umzusetzen, nicht um das schnelle Geld. Da gehört Loyalität natürlich dazu!“ Wir sind in einer großen Werkstatt angekommen. Es wird geschweißt und gebohrt, furchteinflößende Maschinen stöhnen vor sich hin, in der Luft liegt der Geruch von Metall und harter Arbeit. „Das sieht ja richtig fleißig aus“, stelle ich augenzwinkernd fest, „was genau wird denn hier in Vancouver gemacht?“ Dirk lacht. „Na klar, natürlich wird hier viel getan. Immer noch wird in Kanada ein Großteil der Arbeit erledigt. Die Bikes werden hier konzipiert, entwickelt, designt, es werden Prototypen gebaut und ausgiebig getestet. Das Büro hier nennen wir ,Mountainbike Development Center‘ , alle Ingenieure sind hier, der Produktmanager, die meisten Teamfahrer sind in oder um Vancouver herum ansässig, insofern schlägt das Herz der Firma hier in British Columbia. In den letzten fünf Jahren haben wir den Produktionsprozess umgestellt, bis dahin haben wir auch die Endfertigung in Kanada gemacht, jetzt wird es in Übersee erledigt. Was sich nicht geändert hat ist, dass die Bikes von A-Z in Vancouver entwickelt werden.“ |
„Wenn wir neue Prototypen haben, fahren sie die Bikes zuerst. Aber nicht nur sie testen die Räder, wir testen sie natürlich auch selbst, ebenso unsere Leute in Quebec, und wir haben außerdem noch einige Botschafter der Marke Rocky Mountain. Die Leute, die bei Rocky arbeiten, sind selbst leidenschaftliche Mountainbiker, sie sind sehr enthusiastisch und versuchen immer, das bestmögliche aus einem Bike heraus zu holen. Von unserem Büro aus haben wir es nicht weit bis in die Wälder, es gibt dort fantastische Trails, und wir können sie sogar in der Mittagspause fahren, um Räder zu testen.“
„Ihr baut tolle Bikes, Vancouver ist eine tolle Stadt – rennen euch die Leute nicht die Bude ein, um bei euch zu arbeiten?“ „Na, ganz so schlimm ist es nicht,“ sagt Dirk lächelnd, „aber es stimmt, wir sind hier in North Vancouver, dem Epizentrum des High End Mountainbikens, das hat uns sehr geholfen, richtig gute Leute zu bekommen, die hier nicht nur arbeiten, sondern auch leben und biken wollen. Die Trails sind so nah und sie sind wirklich unglaublich gut, du kannst sie fast das ganze Jahr fahren, was untypisch für Kanada ist. Die ganze Gegend, der Lifestyle hier, viele sind draußen aktiv – Vancouver ist einfach ein fantastischer Platz zum Leben, vielleicht einer der besten überhaupt.“ Wir sind in der hinteren Ecke der Werkstatt angekommen. An zwei Ständern hängen alte Rocky Mountain Rahmen – Klassiker, Raritäten und Skurriles. Ein seltener Titanrahmen, ein Prototyp mit alternativem Antriebssystem, der erste RM9 Rahmen mit der Seriennummer 000. Und überall die Rocky typischen Ahornblätter. „Solange ich zurückdenken kann war Rocky Mountain schon immer eine Kultmarke in Deutschland. Wie wichtig ist der deutsche Markt für Rocky?“ frage ich Dirk, während mein Blick über die alten Rocky Rahmen wandert. „Sehr wichtig,“ antwortet Dirk. „Unsere wichtigsten Märkte sind Nordamerika, also die USA und Kanada, und Deutschland. Dann folgen andere europäische Länder wie Frankreich, die Schweiz, Italien. In Deutschland wird Rocky Mountain von unserer Firma Bike Action vertrieben, und das bereits seit 1988.“ „Deutschland und Kanada – das ist nicht gerade ein Katzensprung. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kanadiern?“ frage ich weiter. „Das Verhältnis zwischen uns ist sehr, sehr gut“, sagt Dirk, „Wir werden oft in Entscheidungsfindungen eingebunden,dafür vermarkten wie die Marke in Deutschland sehr aktiv, haben ein tolles Team an Rennfahrern und sind hervorragend darin, Netzwerke aufzubauen!“ |
„Wenn wir neue Prototypen haben, fahren sie die Bikes zuerst. Aber nicht nur sie testen die Räder, wir testen sie natürlich auch selbst, ebenso unsere Leute in Quebec, und wir haben außerdem noch einige Botschafter der Marke Rocky Mountain. Die Leute, die bei Rocky arbeiten, sind selbst leidenschaftliche Mountainbiker, sie sind sehr enthusiastisch und versuchen immer, das bestmögliche aus einem Bike heraus zu holen. Von unserem Büro aus haben wir es nicht weit bis in die Wälder, es gibt dort fantastische Trails, und wir können sie sogar in der Mittagspause fahren, um Räder zu testen.“
„Ihr baut tolle Bikes, Vancouver ist eine tolle Stadt – rennen euch die Leute nicht die Bude ein, um bei euch zu arbeiten?“ „Na, ganz so schlimm ist es nicht,“ sagt Dirk lächelnd, „aber es stimmt, wir sind hier in North Vancouver, dem Epizentrum des High End Mountainbikens, das hat uns sehr geholfen, richtig gute Leute zu bekommen, die hier nicht nur arbeiten, sondern auch leben und biken wollen. Die Trails sind so nah und sie sind wirklich unglaublich gut, du kannst sie fast das ganze Jahr fahren, was untypisch für Kanada ist. Die ganze Gegend, der Lifestyle hier, viele sind draußen aktiv – Vancouver ist einfach ein fantastischer Platz zum Leben, vielleicht einer der besten überhaupt.“ Wir sind in der hinteren Ecke der Werkstatt angekommen. An zwei Ständern hängen alte Rocky Mountain Rahmen – Klassiker, Raritäten und Skurriles. Ein seltener Titanrahmen, ein Prototyp mit alternativem Antriebssystem, der erste RM9 Rahmen mit der Seriennummer 000. Und überall die Rocky typischen Ahornblätter. „Solange ich zurückdenken kann war Rocky Mountain schon immer eine Kultmarke in Deutschland. Wie wichtig ist der deutsche Markt für Rocky?“ frage ich Dirk, während mein Blick über die alten Rocky Rahmen wandert. „Sehr wichtig,“ antwortet Dirk. „Unsere wichtigsten Märkte sind Nordamerika, also die USA und Kanada, und Deutschland. Dann folgen andere europäische Länder wie Frankreich, die Schweiz, Italien. In Deutschland wird Rocky Mountain von unserer Firma Bike Action vertrieben, und das bereits seit 1988.“ „Deutschland und Kanada – das ist nicht gerade ein Katzensprung. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kanadiern?“ frage ich weiter. „Das Verhältnis zwischen uns ist sehr, sehr gut“, sagt Dirk, „Wir werden oft in Entscheidungsfindungen eingebunden,dafür vermarkten wie die Marke in Deutschland sehr aktiv, haben ein tolles Team an Rennfahrern und sind hervorragend darin, Netzwerke aufzubauen!“ „Es gibt eine Masse an echten Rocky Mountain Liebhabern, vielleicht gibt es sogar keine andere Marke, die so eine treue Fangemeinde hat. Was ist der Grund dafür?“ möchte ich von Dirk wissen. „Die Leute finden es gut, dass die Bikes aus Kanada kommen – nein, sie lieben es sogar. Sie lieben das Ahornblatt auf dem Rahmen, sie lieben die Freeridebewegung, wie es angefangen hat in den späten 1990er Jahren. Es ist wohl die Faszination der Weite und Wildnis Kanadas, die die Leute direkt mit Rocky Mountain assoziieren. Ich möchte immer mehr Ahornblätter auf die Bikes, die Leute mögen das! Rocky ist einfach Kult!“ Langsam bewegen wir uns Richtung Ausgang. Bevor ich mich von Dirk Janz verabschiede, möchte ich noch wissen, wohin es mit Rocky geht und welche Philosophie hinter der Marke steckt. „Wenn wir ein neues Bike oder eine neue Plattform entwickeln versuchen wir immer, das beste Bike am Markt zu bauen – oder zumindest unter den Top 3 zu sein“, antwortet Dirk nach kurzem Nachdenken. „Wenn wir davon nicht überzeugt sind, kommt ein Bike nicht raus. Wir sind nicht die größte Firma, aber wir wollen die besten Mountainbikes bauen, die es zu kaufen gibt. Darauf zielt unser ganzer Fokus. Wir haben die Umgebung dazu, die Mitarbeiter, die Athleten – beste Voraussetzungen also, um das umzusetzen. Wir sind sehr enthusiastisch, aber auch sehr kritisch in dem was wir tun. Manchmal verlangsamt das die Dinge etwas, aber wir wollen immer sicher gehen, dass wir unser bestmögliches geben. Das ist unsere Firmenphilosophie.“ Text & Foto: Andreas Sawitzki |