Camping bietet grandiose Vorteile: Man ist extrem flexibel, kann einem einzigartigen Leben nahe der Natur frönen, preiswerter als Hotel oder Ferienwohnung ist es zudem meistens auch noch. Und obwohl Wohnmobile allerorts das Bild prägen, erlebt das gute, alte Zelt gerade eine Renaissance. Denn dank Hightech-Materialien, neuem Equipment und durchdachten Lösungen ist Zelten komfortabel wie nie. Wir haben eines dieser neuen Pracht-Domizile als potentiellen Kandidaten für unsere nächste Reise in Augenschein genommen – und konnten endlich mal Luftschlösser bauen ... |
Das Monster war orange, aus Baumwolle, und roch schon ziemlich streng. Mein Freund Volker schleppte das ausrangierte Hauszelt irgendwann an, seitdem war es ständiger Begleiter auf unseren vielen Surftrips. Zu Zeiten, als Jennifer Beals und Susanna Hoffs als absolute Traumfrauen galten, war das echter Luxus für uns. Das Grauen versteckte sich allerdings in einem öden Leinensack. Der war gefühlt 75 Kilo schwer und voll mit einer Angst machenden Anzahl an Stahlstangen, die man zum Aufbau benötigte. Es begann eine Art von Horror-Puzzlespiel, fluchend suchten wir bei jedem Aufbau nach den richtigen Stangen, selbst unsere mit Malerkrepp angebrachten Markierungen halfen uns kaum weiter.
Stand das Gerippe aus Stahl erstmal, war Durchatmen angesagt. Jetzt musste nur noch das orangefarbene Außenkleid übergeworfen sowie die Strippen gespannt werden und vier bis neun (bei vier eher mehr, bei neun eher weniger) glückliche Personen hatten ein respektables Wochenend-Zuhause gefunden. Das war 1985. Über 30 Jahre später ist alles anders. Wir sind nicht mehr zu neunt unterwegs, sondern planen eine Reise zu dritt, und mühsam ein Monster zähmen wollen wir in unserem Alter auch nicht mehr. Verpackt in eine Trolley-Tasche, ziehen wir also eines der besten, komfortabelsten und größten Tunnelzelte der Gegenwart hinter uns her, das Montana 6É der dänischen Firma Outwell. Der besondere Clou: Es ist ein Luftzelt, keine Stangen tragen es, es wird einfach aufgepumpt. Dafür sind vier Hochleistungsluftschläuche integriert, die mit einer mitgelieferten Spezialpumpe gefüllt werden. „Power Air Tube System“ nennt Outwell dieses Schlauchsystem, das stark an die Fronttube eines Kites erinnert. |
Als Monster in Taschengestalt präsentiert sich es sich allerdings zuerst einmal beim Transport. Zu zweit heben wir die Trolley-Tasche aus dem Kofferraum, fast 40 Kilogramm Gewicht sind nicht wirklich einfach zu handeln. Zwei Rollen helfen dabei, die Tasche über den Asphalt zu ziehen, wird der Untergrund unwegsam, kostet auch das Mühe.
Genug gemault, schließlich findet eine ganze Familie darin Platz, und oft genug kann man direkt neben seinem Standplatz ausladen. Als wir das Montana 6É schließlich aus seiner Tasche befreien, verwandelt sich das Monster schnell in ein faszinierendes Luftschloss. Zu zweit legen wir es auf den Boden und falten es auseinander. Danach werden nacheinander einfach die vier Tubes aufgeblasen – voilà, majestätisch erhebt sich das Zelt wie von Geisterhand zu seiner vollen Größe. Wahnsinn, nicht einmal zehn Minuten hat das gedauert. Wer sich beeilt, schafft es wahrscheinlich noch schneller. Die Ventile zum Aufpumpen der Tubes sind von außen leicht zugänglich, über ein weiteres Ventil kann die Luft beim Abbauen wieder abgelassen werden. Weder viel Kraft, noch viel Zeit werden für das Füllen in Anspruch genommen, die Frage nach einer elektrischen Pumpe stellt sich somit erst gar nicht. Im Grunde bleibt nun nichts weiter zu tun, als das Zelt zu spannen und Vordach und Seitenanbau aufzubauen. Beim Abspannen hilft Outwells „Easy Pegging“-Farbsystem, silberne Heringe aus Stahl für die vier Ecken, schwarze Kunststoff-Heringe spannen die wasserdichte Bodenwanne, neongelbe Leinen und Heringe gehören zum Überzelt. Vorteil der auffälligen Signalfarbe: Die Abspannungen sind gut zu erkennen, man stolpert in der Nacht nicht mehr so leicht darüber. |
Zack, und schon steht das Zelt. Keine 30 Minuten hat das gedauert, so einfach kann es gehen! Schreitet man nun durch die Eingangstür, erwartet einen die nächste große Überraschung: Denn von innen sieht das Montana noch größer aus als von außen. Ein gigantisches Wohnzimmer bietet dem Schlossherren die Möglichkeit zahlreiche Gäste zur Audienz zu bitten. Der Seitenanbau bietet zusätzlichen Platz, zum Beispiel für die Köche oder als zusätzlicher Eingang für VIPs. Jede Menge riesiger Panoramafenster lassen viel Licht rein, sie sind allesamt dezent abgedunkelt, um die Privatsphäre zu erhalten, bei Bedarf können die Fenster mit einem Vorhang verschlossen werden.
Für ein angenehmes Klima befinden sich über den Fenstern regendichte Lüftungsöffnungen, diese sind mit einem Moskitonetz verschlossen. Hier wurde wirklich an jedes Detail gedacht: In der Mitte des Daches ist ein Aufhängungspunkt für eine Lampe, eine verschließbare Öffnung in der Zeltwand führt ein Stromkabel elegant nach außen. Die Liebe zum Detail und zur hohen Qualität findet sich an jeder Ecke, sei es bei den Reißverschlüssen, den Taschen für Kleinigkeiten, Zurrbändern und vielem mehr. Die Materialanmutung ist zweifelsfrei extrem hoch. Im hinteren Teil befinden sich dann zwei große Schlafkabinen mit extra Lüftungsmöglichkeiten, die je zwei bis drei Schlafplätze bieten. Ein Vorhang zwischen den beiden Kabinen kann aufgemacht werden, so entsteht ein noch größerer Schlafbereich. |
Fazit:
Schöne neue Welt! Was haben sich die Zeiten auf dem Zeltsektor doch verändert! Unglaublich, wie schnell sich ein Sechs-Personen-Zelt heute aufbauen lässt, das eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Wenn Auf- und Abbau so wenig Zeit in Anspruch nimmt, verliert häufiger Ortswechsel seinen Schrecken, Zelttouren können ganz anders geplant werden. Dazu kommt ein immenser Innenraum, in dem man locker eine gepflegte Tafelrunde unter bringen kann und der genug Raum bietet, auch mal einen Tag bei Regenwetter entspannt hinzunehmen. Solche Wettersituationen steckt auch das nahezu wasserdichte Überzelt mit Leichtigkeit weg, eine Wassersäule mit 6.000 mm und Sturmsicherheit bis zehn Windstärken sorgen dafür, dass sich der Traum vom Zelten de Luxe nicht in Luft auflöst. Zelt: OUTWELL Montana 6É Preis: € 2.100,- Info: www.outwell.com Text und Bild: Andreas Sawitzki/ pedaliéro |